Bürgerdialog zum Flächennutzungsplan

Offener Brief an die Entscheidungsträger

In einem offenen Brief an die Entscheidungsträger in der Verwaltung und im Gemeinderat nimmt die NABU-Gruppe Esslingen Stellung zum ergebnisoffenen Bürgerdialog zum neuen Flächennutzungsplan.


Das Informationsmaterial der Verwaltung zu Bevölkerungsentwicklung und Flächen-bedarf berücksichtigt sehr einseitig nur die Belange von Stadt und Mensch. Die Naturschützer erwarten, dass mit derselben Intensität auch die Belange von Natur und Landschaft ergründet werden, unter anderem auch mit Blick auf den Flächenbedarf für stabile Populationen und auf Risiken und Gefahren, die menschliche Aktivitäten für Tiere und Pflanzen mit sich bringen.


Einen Baustein hierfür hat die NABU-Gruppe Esslingen kürzlich mit der Roten Liste der Brutvögel Esslingens vorgelegt. Darin wird vor allem für Vogelarten der gewässernahen Lebensräume und der offenen Feldflur ein enormes Flächendefizit diagnostiziert.

 

Rote Liste Esslingen


 

In den Ausführungen zu den verschiedenen Szenarien (Bevölkerung soll wachsen / jetzige Bevölkerungszahl halten / Bevölkerungszahl wird schrumpfen) heißt es, dass der Erhalt einer intakten Natur als unserer natürlichen Lebensgrundlage erstrebenswert sei. Esslingen hat aber keine intakte Natur, wie beispielsweise aus der Roten Liste für die Brutvögel hervorgeht. Demnach müsste in Esslingen erst wieder eine intakte Natur hergestellt werden, bevor über weitere Naturzerstörung diskutiert wird.

 

Für die Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung hat die Stadt umfangreiches Daten-material zur Flächenbewertung zusammengestellt. Daraus geht hervor, dass es keine Flächen gibt, auf denen ökologisch unbedenklich eingegriffen werden könnte. Diese Flächen dürfen nach Ansicht der Naturschützer nicht im Flächenpool enthalten sein.

 

Allgemein fällt auf, dass die Stadt Esslingen schon jetzt keine Ausgleichsflächen für Eingriffe in Natur und Landschaft hat, wie das Beispiel Festo deutlich zeigt, wo Ausgleichsmaßnahmen nicht eingriffsnah umgesetzt werden konnten und Maßnahmen ohne jeglichen ökologischen Wert (Parkwald) als wichtige Ausgleichsmaßnahme deklariert wurden. Außerdem wurden durch Ausgleichsmaßnahmen Eingriffe vorgenommen, die ihrerseits Ausgleichsmaßnahmen erforderlich gemacht hätten.


Blühende Obstwiese in den Rosselen. Foto: Ch. Reimers


Die Menschen in Esslingen brauchen nicht nur Wohn-, sondern auch Erholungs- und Freizeitraum. Viele Menschen wünschen sich einen Garten. Gerade Familien mit Kindern sind aber solche Flächen oft zu teuer – auch eine Folge der derzeitigen Baupolitik. Gartenflächen werden häufig im Streuobstbereich angelegt, was aus ökologischen Gründen entschieden abgelehnt werden muss. Es gibt aber keine geeigneten Flächen in Esslingen für diesen Zweck, statt dessen werden auch Kleingartenanlagen zerstört.

 

Ein zentrales Argument für Bevölkerungswachstum und mehr Bebauung ist die Beseitigung des strukturellen Defizits in Esslingen. Aus den Ausführungen zu den Szenarien geht aber hervor, dass selbst beim Szenario „Wachsen“ dieses strukturelle Defizit nicht verschwindet. Die Dringlichkeit, durch Bebauung und Bevölkerungs-wachstum das strukturelle Defizit in den Griff zu bekommen, ist demnach eine Täuschung. Der Preis, den Natur und Landschaft hierfür bezahlen sollen, ist entschieden zu hoch! Für die Beseitigung des strukturellen Defizits ist der vorgeschlagene Weg offenbar ungeeignet. Die NABU-Gruppe Esslingen fordert daher andere Maßnahmen und keine weiteren Flächen für Bauzwecke in Anspruch zu nehmen.

 

Die Betrachtung der demographischen Entwicklung bis 2030 ist viel zu kurzzeitig. Deshalb schlägt sich auch das Freiwerden von Wohnraum durch die demographische Entwicklung nicht nieder.